19.04.2013
19.04.2013
München, 19. April 2013 - Er steht für eine neue Generation erfolgreicher Fachbuchautoren: Nicolas Schmidlin (24, Foto). Neben dem Studium der Wirtschaftswissenschaften gründete er mit einem Partner eine Gesellschaft, die in Aktien und Anleihen investiert. Die Anleitung zur Unternehmensbewertung schrieb er sich gleich selbst dazu. Seine Erkenntnisse verlegte Master-Student Schmidlin zunächst als Book on Demand, das bereits zum Bestseller wurde. Die Neuauflage des Buches „Unternehmensbewertung & Kennzahlenanalyse“ ist jetzt im Vahlen Verlag erschienen. Wir sprachen mit Nicolas Schmidlin über den ungewöhnlichen Erfolg.Wie kamen Sie zu der Idee, ein eigenes Fachbuch zu schreiben?
Ich war mit der bestehenden Literatur unzufrieden: zu abstrakt, zu viel Theorie und letztendlich auch ein übermäßig trockener Stil. Das lässt dieses an sich dynamische und spannende Feld der Wirtschaft schnell in einem falschen Licht erscheinen. Da es insbesondere in der deutschen Literatur wenige wirklich praxisnahe Bücher gibt, habe ich mich, anfangs sicher mit einer gewissen Naivität, selbst daran gemacht, ein Buch zu diesem Thema zu verfassen.
Sie meinen wegen der anfänglichen Eigenvermarktung?
Die Vermarktung machte mir weniger Sorgen, da ich realistischer Weise nicht annehmen konnte, dass das Buch auch kommerziell ein Erfolg werden würde. Vielmehr habe ich das tatsächliche Arbeitspensum unterschätzt, das mit dem Schreiben eines Buches, aber vor allem mit der Korrektur anfällt. Aber vielleicht ist eine gewisse naive Herangehensweise auch hilfreich, um neue Wege einzuschlagen und sich von größeren Aufgaben nicht abschrecken zu lassen.
Inzwischen ist Ihr Buch im Bereich Unternehmensbewertungen die Nummer 1. Was ist das Geheimnis des Erfolgs?
Ich denke zum einen liegt der Erfolg daran, dass das Buch die Theorie der Unternehmensbewertung anschaulich mit dem Anlegeralltag, nämlich der tatsächlichen Analyse von Unternehmen und der Anlage in Aktien, verbindet. Hier zeigt sich der große Vorteil der zahlreichen Fallbeispiele im Buch - jede Kennzahl kann unterschiedlich interpretiert werden und nicht jede Bewertungsmethode ist auf alle Unternehmen in der Praxis anwendbar. Zum anderen macht das Buch dabei aber auch keine leeren Versprechungen: Börsenbücher die plötzlichen Reichtum versprechen gibt es schon zu viele. Ich gebe dem Leser mit dem Buch lieber ein umfangreiches Rahmenwerk mit, um künftige Anlagen systematisch zu analysieren und Analysteneinschätzungen zu hinterfragen.
Sie vertreten die Auffassung, der Bewertungs- und Investitionsprozess sei mehr eine Kunst als eine Wissenschaft. Was meinen Sie damit?
Am Ende des Bewertungsprozesses steht kein fixer Wert, sondern ein Bereich, in dem sich der faire Wert einer Unternehmung befindet. Dies liegt einfach daran, dass in den Bewertungsprozess neben Kennzahlen auch weiche Faktoren wie das Management und die Produktqualität einfließen. Eine einzige Formel kann das nicht widerspiegeln. Ich denke, dies ist die elementarste Botschaft, die mein Buch vermittelt: Unternehmensbewertung besteht aus dem gewissenhaften Analysieren und Verstehen eines Unternehmens – und nicht aus dem Einsetzen von Zahlen in eine Formel.
Außerdem vertreten Sie in dem Buch eine Meinung. Welche?
Die akademische Literatur ist überwiegend der Auffassung, dass Märkte per se effizient seien und sich die Bewertung von Unternehmen, inklusive der Bestimmung des unternehmensspezifischen Risikos, auf einer reinen Zahlenbasis bestimmen lässt. Ich halte dies für fahrlässig und passe in meinem Buch bestehende Theorien der Realität an oder ersetze diese durch pragmatischere Ansätze.
Sie unterstellen einen Anlegertyp, der ein Unternehmen sorgfältig analysiert, dann Aktien erwirbt und hält, weil er an den langfristigen Erfolg des Unternehmens glaubt. Wird heute an den Börsen nicht nur noch gezockt?
Für langfristig orientierte Anleger mit einem Fokus auf die fundamentale Unternehmensanalyse kann es kaum ein besseres Umfeld geben: kurzfristig schwanken die Märkte oft zwischen Gier und Angst, daraus resultieren temporäre Über- und Unterbewertungen, genau diese gilt es als Investor zu identifizieren und zu nutzen. Die Börse gibt dem Anleger somit gerade wegen der regelmäßigen Über- und Untertreibungen die Chance zu profitieren. Wichtig ist, dass sich Anleger vom Markt nicht aus der Ruhe bringen lassen. Sie würden sich ja auch nicht plötzlich ärmer fühlen, nur weil ihnen morgen jemand einen geringen Preis für ihre Immobilie oder ihr Auto bieten würde. Mein Buch will diesen Gedanken herausstellen: Aktien sollen als Anteil an einem realen Unternehmen, mit realen Produkten, Mitarbeitern und Zahlungsströmen wahrgenommen werden – und nicht als Kurs auf einem Bildschirm, der sekündlich in eine andere Richtung zuckt. Langfristig konvergieren die Börsenbewertung und der reale Wert eines Unternehmens und deshalb sollte dies auch der Anlagehorizont eines jeden Investors sein.
Wer genau sollte sich also auch künftig mit Unternehmensbewertungen und Kennzahlen befassen?
Das Buch richtet sich in erster Linie an Praktiker aus dem Finanzbereich, Privatanleger und auch Studenten. Angesichts der aktuellen makroökonomischen Situation, die von historisch niedrigen Zinsen und einer latenten Inflationsgefahr geprägt ist, sollten sich aber auch Sparer ohne bisherige Börsenerfahrung die Anlageklasse Aktie, die ja reale Werte verbrieft, intensiver ansehen.
Sie beenden derzeit Ihr Studium in Investment Management in London und leiten seit vier Jahren eine Investmentpartnerschaft. Was sind Ihre nächsten Pläne?
Auf der Buchseite könnte ich mir nach der zweiten Auflage eine englische Ausgabe vorstellen, darüber hinaus gibt es noch weitere, anlagebezogene Themen, die praxisnäher dargestellt werden könnten. Beruflich ist die Lancierung eines Investmentfonds denkbar, in dem die langfristige Anlagestrategie der bestehenden Investmentpartnerschaft mit meinem Partner Marc Profitlich weitergeführt werden soll.
Vielen Dank für das Gespräch.
Interview zum Abdruck frei. Belegexemplar bzw. Beleglink erbeten. Für eigene Interviewanfragen sprechen Sie uns gerne an.
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Vahlen Verlag
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